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Mensch und Heizung – Der Beginn der zentralen Heizung und Fernheizung (Teil 4)

Dampfheizung

Heizkomfort im frühen Industriezeitalter
Der Engländer James Watt revolutionierte 1769 mit der Erfindung der Dampfmaschine die Industriegesellschaft. Fünf Jahre später beheizte der Pionier der Dampftechnik seine Fabrik- und Wohnräume in Birmingham mit Dampf. Die Dampfheizung war erfunden und hielt bald Einzug in die Wohnhäuser wohlhabender Bürger. Die ersten Dampfheizkessel heizten mit Kohle, die Hochdruck-Dampf erzeugte. Dabei betrug der Wasserdampf-Betriebsdruck bis zu 2 bar und Temperaturen von 100 bis 150° C. Die Räume wurden direkt über Rohre und Öfen beheizt. Später, ab ca. 1880, setzte sich die Niederdruck-Dampfheizung (NDH) mit einem Betriebsdruck bis 1 bar und Dampftemperaturen um 100 °C durch.

Der Ingenieur Johannes Haag baute 1843 im baden-württembergischen Schloss Sigmaringen die erste Dampfheizung Deutschlands ein. Doch die Erfindung der besseren Heizung setzte sich nur langsam durch. Viele Haushalte blieben, um Heizkosten zu sparen, beim Kohleofen. Ökologisch war die Nutzung der Kohle nicht: Die ersten Kohlekraftwerke verschmutzten die Luft und nutzten die Energie im Brennstoff Kohle nur unzureichend aus. Es folgte die Elektroheizung – kostenintensiv und ebenfalls noch relativ ineffizient. Erst in den 1970er Jahren setzten sich Zentralheizungen in deutschen Wohnungen durch. Die Raumtemperatur stieg von 18 Grad auf 22 Grad.

Bei der NDH wird Wasser im Kessel, der am tiefsten Punkt der Anlage angeordnet ist, auf über 100 ºC erhitzt. Der Dampf strömt mit Überdruck in den Heizungsvorlauf (Dampfleitung), verdrängt die Luft im Rohrsystem und erhitzt den Heizkörper. Im Heizkörper kühlt der Dampf ab und kondensiert. Das Kondenswasser fließt aus den Heizkörpern über Kondensat-Rücklaufleitungen in einen Behälter und dann zum Dampfkessel zurück. Die Rohrleitungen bestanden aus Schmiedeeisen oder manchmal auch aus Kupfer. Als Heizkörper kamen erst Rippenrohre oder Rohrschlangen zum Einsatz, ab ca. 1880 gusseiserne Radiatoren mit aufwendigen Verzierungen. Auch Heizkessel baute manman jetzt aus Gusseisen, zuerst in den USA, später auch in Deutschland. 1895 erhielt der deutsche Ingenieur Joseph Strebel das Patent für einen Glieder-Gusskessel.

Die erste Dampfheizung in Deutschland wurde 1815 nach englischem Vorbild in die Villa Hildebrand in Berlin-Pankow vom Architekten Ludwig Friedrich Catel eingebaut. Das als Kavaliershaus bekannte Gebäude ist bis heute erhalten und im Besitz der Caritas-Kliniken. Der Dampfkessel befand sich damals direkt neben den zu beheizenden Räumen und das offene System musste nach ca. drei Stunden mit Wasser aufgefüllt werden. Eine Zentralheizung für mehrere Gebäude galt noch als zu teuer, aber billiger als Warmwasserheizungen. 1877 erhielt die Stadt New York die erste zentrale Dampf-Fernheizung – für ein Wohngebiet – die sich wirtschaftlich trug. Die Dämmung der Dampfrohrleitungen beschreibt Meyers Konversationslexikon von 1885:“Diese Röhren sind zunächst mit Asbestpapier umgeben, dann folgt eine Umhüllung von russischem Filz und schließlich eine solche von Manilapapier“. In modernisierter Form heizt dieses System noch heute den Stadtteil Manhattan. Die erste deutsche Fernheizung im Dampfbetrieb wurde 1900 für elf Gebäude in Dresden um das Residenzschloss gebaut.

Nachdem sich die Dampfheizung Anfang des 20. Jahrhunderts vor allen in öffentlichen Gebäuden etabliert hatte, wurde sie von der Warmwasser-Zentralheizung abgelöst. Nachteile wie die hohen Anforderungen an die Wasserqualität, schlechte Regelbarkeit, Korrosion der gusseisernen Anlagenteile, die hohen Heizkörpertemperaturen einhergehend mit Geruchsbelästigung durch verbrannten Staub auf den Heizflächen und störende Geräusche im Rohrsystem verdrängten die Dampfheizung nach und nach. Heute wird Dampf als Wärmeträger nur in Ausnahmen als Nebenprodukt von Dampfprozessen wie in Wäschereien genutzt.

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